09.06.2011 - 31.12.2011
Neu gestaltete Abteilungen "Bürgerliches Porzellan" und "Historismus" wieder geöffnet
Was zu Ostern seinen Anfang nahm, wird nun, kurz vor Pfingsten, fortgesetzt: Die Wiedereröffnung des Porzellanikons Hohenberg a.d.Eger. Und was aus personellen Gründen nur peu à peu geht, hat durchaus seinen Reiz. Führt es doch abschnittweise und mit kenntnisreicher Intensität und Dichte durch die (Kunst-)Geschichte des deutschen Porzellans, dem sich das europaweit größte Spezialmuseum seiner Art in Hohenberg widmet. Nach Art Déco und Jugendstil geht man dort nun weiter zurück zum Porzellan des 19. Jahrhunderts. "Bürgerliches Porzellan und Historismus" haben Direktor Wilhelm Siemen und sein Team diesen Abschnitt der neu gestalteten Dauerausstellung in Hohenberg genannt, wo die Geschichte des Porzellans Nordostbayerns ihren Anfang nahm. Ab dem 9. Juni sind damit im Porzellanikon weitere gut dreihundert Preziosen aus Porzellan zu sehen. "Gut die Hälfte davon aus Archivbeständen, die nie zuvor gezeigt wurden", wie Museums-Direktor Wilhelm Siemen auf Nachfrage bestätigt.
Das Empire, der repräsentative "Staatsstil Napoléons I" und eigentlich auf Frankreich beschränkt, beeinflusst stilistisch auch die deutschen Gestalter und wirkt über die Zeit des Kaisers hinaus. Doch das erstarkende Bürgertum sucht durchaus nach „günstigeren“ Varianten, um sich damit dem (zunehmend einflussloseren) Adel gleich zu stellen. Hier würdigt die Präsentation die Entstehung der ersten oberfränkischen Porzellanfabrik, nämlich die des Carolus Magnus Hutschenreuther. Befindet sich doch das Hohenberger Porzellanikon in dessen ehemaliger Direktoren-Villa. Dementsprechend hochkarätig sind hier die Exponate: "Es handelt sich um ganz frühe Hutschenreuther-Stücke, ganz in Weiß gefasst, die wir noch nie zuvor präsentierten", so die Hauptkustodin Petra Werner nicht ohne Stolz.
Doch ebenso wird sichtbar, wie sich nun eine Gesellschaft unter dem Einfluss einer restaurativen Politik und der Rückkehr zur Monarchie resigniert ins Private zurückzieht: Das Biedermeier, ein deutsches Phänomen, hält Einzug. Porzellan, mehr und mehr Alltagsbegleiter der bürgerlichen Schichten, bildet dieses gesellschaftspolitische Klima mit einer Präzision ab, die über die Jahrhunderte hinweg bemerkenswert lebendig und nachvollziehbar bleibt. Die Ausstellung unterstützt dies im ersten Stock des so genannten Neubaus im Porzellanikon Hohenberg durch eine sinnfällige Inszenierung samt einem zeittypischen Vitrinenschrank, was einen in die Wohnstube zwischen 1820–30 zurückversetzt. Daneben werden einige der wichtigen Themen der Zeit aufgriffen. Die Pfeife etwa, Sinnbild der häuslichen Behaglichkeit; das Souvenir, das für Weltgewandtheit des durch Reisen gebildeten Bürgers stand; die Lithophanie, die etwa in Form von Lampenschirmen auf erlesene Weise den Räumen intimes Licht spendete.
Doch mit der Jahrhundertmitte wird ein neuer Stil en vogue: der Historismus. Mit der ersten Weltausstellung 1851 kommt es zu einem "Wettstreit der Nationen", Ausdruck des aufkeimenden Staatenbewusstseins. Die Ausstellung in Hohenberg wechselt damit auch ins zweite Stockwerk des Museums. In der ehemaligen Bibliothek zeigt man nun Objekte in zeittypischen Techniken, wie sie das Publikum in Entzücken versetzten: Materialkombinationen (etwa Bronze mit Porzellan), so genannte Spitzen-Figuren (weil mittels ebensolcher porzellangetränkter Textilien gefertigt), Stahldruck und Durchbruch oder etwa Lüsterglasuren. Rund um diesen kabinettartigen Raum gruppieren sich Themen wie Imitation & Kopie, Kuriositäten aus Porzellan, so genannte Handmalereien (etwa die der berühmten Helena Wolfsohn), Prunkformen etc. Dass im historisierenden Zeitalter technische Möglichkeiten oftmals im Missverhältnis zur künstlerischen Intention standen, störte viele nicht wirklich.
Schließlich geht es um die bedeutenden Produktionen deutscher Fabriken: Die neue und hervorragend sortierte Dauerausstellung im Porzellanikon Hohenberg a.d.Eger stellt hier Stücke aus Nordostbayern neben solche aus Schlesien, Böhmen oder Sachsen und macht damit den Vergleich, aber vor allem das wertschätzende Studium der reichen Tradition eines sich zunehmend industrialisierenden Produktionszweiges möglich.