Im Frühjahr 2014 haben wir den großen ungarischen Schriftsteller PÉTER NÁDAS eingeladen, dem Alphabet nach solange durch die Marbacher Fotonachlässe zu gehen, bis er an einen Punkt kommt, an dem eine Erzählung beginnen könnte. Der (nicht fertig) studierte Chemiker und Berufsfotograf Nádas kehrte nach einer Woche an den Anfang zurück. Nun ist aus seiner Entscheidung für H.G. ADLER ein Buch samt Ausstellung geworden: Düsteres Idyll. Trost der deutschen Romantik.
Péter Nádas zeigt uns seine Kunst des Bilderverstehens an den Landschaftsfotos, die der mit seinem Buch über Theresienstadt bekannt gewordene Holocaust-Überlebende H.G. Adler in den sechziger Jahren in der Schweiz in der Tradition des romantischen Sehens gemacht hat:
»Gefühl und Verstand arbeiten vor unseren Augen aneinander und ineinander, mit ihrer gegenseitigen Durchdringung schaffen sie selbständige Strukturen und sind auf diese Weise scharf vom Persönlichen getrennt.«
Nádas öffnet uns die Augen für die berührend nahe und zugleich unheimliche welthistorische Tiefe dieser Fotos: »Wenn du einmal als Überlebender von neuem die anthropologische Frage stellen musst, was ist der Mensch, wer ist er und wie ist er, musst du zum Denken Landschaften betrachten, nicht Menschen.«