Bücher sind mobile Einheiten. Wir können sie und damit ein ganzes Universum mit uns herumtragen. Mit und in ihnen reisen, uns ihnen aussetzen, sie auswildern, eintauschen, zerstören, hacken und recyceln. »Kind, Frau, Geliebte« nannte Karl Wolfskehl Bücher, Thomas Bernhard bezeichnete jedes von ihnen als einen ganzen »Friedhof«. Bücher passen in jeden Koffer und können selbst einer sein. Peter Handke wanderte wochenlang mit dem Don Quijote durch die Sierra Nevada. Alexander Gerst hat ins All einen Science-Fiction von Stanislaw Lem auf Stick mitgenommen: Die Astronauten.
Die Geschichte des bewegten Buches ist auch eine ihres vermeintlichen Gegenteils, der Bibliothek, in der feste Standorte die leichte Auffindbarkeit versprechen und die doch in den meisten Fällen der Ort permanenter Unruhen und Gravitationsverschiebungen ist: Auf der Umlaufbahn von Eingliedern, Umordnen und Aussortieren, Herausziehen, Aufschlagen, Blättern, Lesen und Zurückstellen kreisen die Bücher um die unterschiedlichsten Anziehungspunkte.
Erstmals zeigt das Deutsche Literaturarchiv Marbach in einer großen, beide Museen verbindenden Ausstellung seine einzigartigen Buchsammlungen: Autorenbibliotheken wie die von Gottfried Benn, Paul Celan und W.G. Sebald, Reise-Bibliotheken, Eisenbahn- und Hotelbüchereien, Kolportageliteratur sowie Leihbüchereien aus drei Jahrhunderten.
Zur Eröffnung spricht der Medienwissenschaftler Claus Pias mit Christian Kracht und Eckhart Nickel, deren »Kathmandu Library« das Auftaktexponat der Ausstellung ist: Jeden Tag, den die beiden seit dem 24. Mai 2004 in Kathmandu lebten, haben sie ein gebrauchtes Buch erworben. »Papier das Schwerste, was man im Koffer oder Rucksack bei sich haben kann. Man überlässt es nicht dem Zufall oder einer Laune, welche Bücher man einpackt.«