05.12.2008 - 01.02.2009
Erste öffentliche Aufmerksamkeit errang Atif Gülücü Mitte der 1990er Jahre als Stipendiat des Schleswig-Holsteinischen Künstlerhauses mit Reliefs aus blau und rot gefärbten, kleinen Rechtecken aus Karton, die mit Draht in eckige oder Kreisform montiert waren. Hier zeigten sich bereits einige seiner zentralen, ästhetischen Ent-scheidungen, denen er treu geblieben ist: zum Einen die Verwendung unprätentiöser Materialien wie Pappe und Draht, zum Zweiten das Prinzip der Reihung gleicher Teile.
Ein neues Element trat in Gülücüs Kunst etwa 2002 in den Vordergrund: Die Bewegung hängender, flacher Elemente. In der Installation "Der Klang meiner Seele" von 2002 hängen 260 weiße Stoffbahnen in rechteckiger, gereihter Formation von einer transparenten, fast unsichtbaren Konstruktion herab und schwingen im Wind. Der poetische Titel dieser Arbeit korrespondiert elegant mit den Konnotationen, die das halbtransparente Gewebe erweckt: man denkt unwillkürlich an orientalischen Schleiertanz und sanfte Musik...
Auch die "Geburt der Idee" von 2005 bis 2008 arbeitet mit den formalen Elementen frei beweglicher, hängender Bahnen - diesmal aus Papier - und der inhaltlichen Komponente "Musik". Eine Vielzahl schlanker Fahnen hängt von der Decke und bildet eine Art Wald. Die Papiere sind mit Fragmenten von Partituren bemalt, die nicht recht spielbar sind, da immer nur ein Takt abgebildet werden kann und darüber hinaus keine geordnete Abfolge erkennbar ist. Über die autobiographischen Bezüge hinaus betritt Gülücü hier das Feld der Performance, indem er einen Musiker veranlasst, diese (oder eben nicht genau diese) Noten zu interpretieren.