Von Bayern nach Irland - ein Musikerleben zwischen Inspiration und Sehnsucht
1906 verlässt Aloys Georg Fleischmann (1880-1964), der an der Musikakademie in München bei Joseph Rheinberger studiert hatte, der Liebe wegen seine bayerische Heimat. Den jungen Komponisten und Kirchenmusiker begleiten dabei bereits erste musikalische Erfolge.
Im südirischen Cork, der Heimatstadt seiner deutschstämmigen Frau Tilly, einer Pianistin, wird er Domkapellmeister. Geprägt durch die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Künstlerkolonie Dachau und die lebhafte Kunst- und Musikszene Münchens wird er rasch zu einer bedeutenden Integrationsfigur für die nach kultureller Identität strebenden Iren. Er intensiviert den Kulturaustausch mit dem Kontinent, gründet eine Reihe von Chören in Südirland und hilft beim Aufbau kultureller Institutionen.
Den Ersten Weltkrieg erlebt Fleischmann als Gefangener in den Internierungslagern der Engländer u.a. auf Isle of Man. Er wird zwangsrepatriiert und kehrt 1920 zu Frau und Kind nach Irland zurück. Doch der „Herr“, wie ihn die Corker bis zu seinem Tod respektvoll nennen, bleibt zeitlebens ein Exilant. »Sehnsucht ist eine mir angeborene und nicht zu stillende Quälerei«, schrieb er einst an seine Frau Tilly. Trotz einer ungebrochenen Schaffenskraft bleibt sein Leben fortan von der Trauer um die Heimat überschattet. Bis 1961wirkt er als Kirchenmusiker, Musikpädagoge und Komponist. Er hinterlässt ein umfangreiches Oeuvre von rund 400 Kompositionen, darunter Bühnenwerke, vokale und instrumentale Kirchenmusik, weltliche Chor- und Instrumentalmusik und fast100 Kunstlieder.
Die Dachauer Weihnachtsspiele, vor allem sein intermedial konzeptioniertes Bühnenwerk »Die Nacht der Wunder« (1905) waren wegbereitend für die Weihnachtsspiele Hermann Stockmanns im Münchner Künstlerhaus und stehen am Beginn einer Traditionslinie, zu denen auch Hans Pfitzners »Christelflein«, und nicht zuletzt die Salzburger Adventssingen Tobias Reisers zählen.
Als Kirchenmusiker und Musikpädagoge hatte er entscheidenden Einfluss auf eine Reihe irischer Komponisten und Musiker der nachfolgenden Generation in Irland, so Seán Ó Riada (1931-1971) und Aloys ‚Og‘ Fleischmann d. J. (1910-1992).
Anders als sein Sohn Aloys ‚Og‘ Fleischmann, der in Irland mit dem „Fleischmann Centenary 2010“ ganzjährig gefeiert wird, geriet Aloys Georg Fleischmann nach seinem Tod allmählich in Vergessenheit.
Die Ausstellung im Bezirksmuseum Dachau will nicht nur Aloys Georg Fleischmann in das Gedächtnis seiner Heimatstadt zurückholen, sondern ihren Beitrag leisten zur Wiederentdeckung der zu Unrecht vergessenen, wunderbaren Musik Aloys Georgs Fleischmanns.