Er gehört zu den jüngsten Urban Art Künstlern Deutschlands – und zu den erfolgreichsten: Van Ray.
Geprägt von der französischen Pochoir-Bewegung, die in den 1980er Jahren aufkam und das Genre der Street Art mitbegründete, avancierte der Rheinländer bereits in Jugendjahren zum viel beachteten Graffiti-Sprayer. Schon seine frühen Arbeiten und Tags zeichnen sich durch eine explizite Kritik an sozialen Missständen und am zeitgenössischen Way of Life aus, die er in eine betont hedonistische Motivsprache einzubetten versteht. Was seinen Arbeiten ungemeinen Charme und Pointenreichtum verleiht. Und seinen Stil bis heute einzigartig macht.
Das Spiel mit suggestiven Claims und Parolen, die auf die Metaebene zielen, wurde dabei zu seinem Markenzeichen.
„What If It’s All A Lie?“: Eine Frage, die den Finger in die Wunde legt. Was ist Wahrheit, was Illusion? Was steckt hinter dem vermeintlich Offensichtlichen?
In Kombination mit Motiven, die sich sowohl aus dem Comic- als auch aus dem Medienmilieu speisen, wird das vermeintlich Banale hinterfragt und mit völlig neuen Bedeutungen aufgeladen. Mal stellt Van Ray den Ausstellungstitel in Kontext zur ikonischen Coke-Bottle, mal versieht er einen skeptisch dreinblickenden Donald Duck mit dieser Suggestivfrage – und stellt damit unseren Wertekanon auf den Kopf. Der Rückbezug auf Konsumartikel und Readymades, Disneyhelden und Medienikonen markiert dabei einen deutlichen Bezug zur Pop Art, deren Schlüsselmotive er wirkungsvoll mit den Mitteln der Street Art zu inszenieren weiß. So bedient sich Van Ray konsequent der Schablonenkunst, Mutter aller Street Art-Techniken, die er auf genreklassische Trägerflächen aus Holzlatten, Emaille und Metall bannt. Seine Stencils sind dabei akribisch konzipiert und ausgearbeitet und bilden in ihrer ästhetischen Vollkommenheit einen effektgeladenen Bruch zum rauen, dreckigen Untergrund, den er mittels zahlreicher Überlagerungen aus Acrylschichten, Drip-Elementen, Rosttechniken, Aufrauhungen und Verätzungen schafft.
Doch besteht seine Virtuosität nicht nur darin, Pop Art und Street Art zu einer neuen Entität zusammenzuführen, sondern im unnachahmlichen Talent aus inhaltlichen Widersprüchen eine fast philosophische Tiefgründigkeit zu generieren. Da werden Ikonen der Makellosigkeit wie Kate Moss, Doutzen Kroes und Scarlett Johansson mit Bannerrufen à la „Don’t Believe The Hype“ konterkariert. Und damit der Vergänglichkeit preisgegeben. Mickey und Minnie Mouse, die den Typus des sauberen, angepassten Working Class Heros verkörpern, stehen im krassen Gegensatz zu „Never Pretend To Be Normal“. Und ermahnen uns, gegen Allgemeingültigkeit und Gleichschaltung aufzubegehren. Van Ray setzt somit bekannte und hermeneutisch besetzte Figuren sowie Gegenstände in neue Kontexte; und wirft damit die großen Fragen unserer Überflussgesellschaft auf: Wer sind wir wirklich? Was sind unsere wahren Werte? Wie wollen wir leben? Sowie die vielleicht wesentlichste aller Fragen, die er ausgerechnet einen Schimpansen stellen lässt: „What Makes Us Happy?“
In bewährter Street Art-Manier fordert Van Ray uns auf, Antworten auf diese Fragen zu suchen. Dass er dafür die Mittel der Pop Art nutzt und sie meisterlich umdeutet, macht ihn gewiss nicht zum Ikonoklasten. Aber allemal zu einem so eloquenten wie eleganten Mind-Basher...
Van Ray lebt und arbeitet in Bonn. Er war Mitbegründer der Künstler-Initiative „fancyroom“, die sich mit der Symbiose aus Street Art und Grafikdesign befasste und u.a. Designs für die Textilindustrie entwarf. Seine Werke sind in zahlreichen Privatsammlungen in Deutschland, Italien und China vertreten.